Bei den allermeisten Frauen beginnen die Wechseljahre nicht erst, wenn die Periodenblutung ausbleibt. Das Hormonchaos, dass für Hitzewallungen, Schlafstörungen und ähnliche Beschwerden verantwortlich ist, fängt schon Jahre früher an – oft schon mit Anfang 40. Viele Frauen merken in diesem Alter, dass sie dünnhäutiger werden, schneller gestresst sind, schlechter schlafen und weniger Energie haben.
„Ich habe mich gefühlt, als hätte mir jemand den Stecker gezogen“, erzählt meine Freundin Sabine. „Ich bin in der Früh nicht aus dem Bett gekommen und war den ganzen Tag müde. Mein Job hat mich nur noch genervt, ich hatte einfach keine Kraft und keine Motivation mehr, mich für meine Arbeit zu begeistern. Obwohl sie mir eigentlich immer Spaß gemacht hat. Und daheim war ich oft gereizt und schlecht gelaunt, meistens ohne Grund oder wegen irgendwelcher Nichtigkeiten.“
Burnout oder Hormon-Achterbahn?
Weil bei einer 40-Jährigen noch kein Mensch an nahende Wechseljahre denkt (oft auch kein Arzt), wissen die betroffenen Frauen oft nicht, was mit ihnen los ist. Ein Burnout-Syndrom? Depressionen? Oder einfach „nur“ eine vorübergehende Überlastung? Kann alles sein. In vielen Fällen liegt aber die wahre Ursache im sinkenden Progesteronspiegel: Schon viele Jahre vor der letzten Monatsblutung beginnt die körpereigene Produktion des Gelbkörperhormons nachzulassen. Deswegen werden wir mit zunehmendem Alter nicht mehr so leicht schwanger – auch wenn die Periode noch regelmäßig ist und der Östrogenspiegel noch im normalen Bereich liegt. Progesteron ist jedoch nicht nur dafür verantwortlich, die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vorzubereiten. Es hat auch großen Einfluss auf unser körperliches und seelisches Wohlbefinden: Es verfeinert das Hautbild, festigt das Bindegewebe, regt den Stoffwechsel an, fördert die Entspannung und mindert Sorgen und Ängste. Kein Wunder also, dass wir es spüren, wenn das „Wohlfühlhormon“ auf Talfahrt geht.
Woran du merkst, dass du bald in die Wechseljahre kommst:
- Du bist in letzter Zeit häufiger ohne Grund reizbar, angespannt oder nervös?
- Du leidest an bisher so nicht gekannten depressiven Verstimmungen, Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit?
- Du fühlst dich häufiger erschöpft und weniger belastbar?
- Du hast Probleme beim Ein- oder Durchschlafen?
- Deine Haut ist trockener geworden?
- Deine Periode ist unregelmäßiger als früher oder ungewöhnlich stark?
- Du hast Konzentrationsprobleme?
- Du hast weniger Lust auf Sex oder eventuell Schmerzen dabei?
- Dich plagen neuerdings Gelenkbeschwerden?
- Dein Herz fängt manchmal aus unerklärlichen Gründen an zu rasen oder zu stolpern?
Wenn mindestens drei Punkte auf dich zutreffen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Progesteron bereits mit dem Sinkflug begonnen hat. Trotzdem sollte der Arzt natürlich andere Ursachen für deine Beschwerden ausschließen, vor allem bei Gelenkschmerzen und Herzrhythmusstörungen.
Was tun?
Sprich deine Frauenärztin oder deinen Frauenarzt auf deine Beschwerden an. Ein Hormonstatus mit Bestimmung von Progesteron, Östrogenen und FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) kann Aufschluss darüber geben, ob du bereits in den Wechseljahren bist. Allerdings schwanken die Werte bis zur Menopause oft stark. Viele Ärzte halten die Hormonbestimmung deshalb für unnötig. Auch die medizinischen Leitlinien empfehlen sie bestenfalls bei Frauen unter 45 Jahren mit Hitzewallungen oder Zyklusunregelmäßigkeiten. Sabines Frauenärztin empfahl ihr schließlich ein pflanzliches Präparat mit Mönchspfeffer (Agnus castus). Damit kam sie gut zurecht. Bei starken Beschwerden kann der Arzt auch eine Hormontherapie verschreiben, am besten mit bioidentischen Hormonen.
Manchmal hilft aber auch schon das Wissen über die Ursachen der seelischen und/ oder körperlichen Krise. Vielleicht kannst du sie als Zeichen nehmen, einen Gang herunterzuschalten, nachsichtiger mit dir zu sein und dir öfter mal eine Pause zu genehmigen. Darüber nachdenken, ob du das Leben führst, das du führen möchtest. Und gegebenenfalls den Kurs korrigieren. Denn auch das gehört zu den Wechseljahren.