Wann ist eine Hormontherapie mit Risiken verbunden?

Mindestens ein Drittel aller Frauen leidet in den Wechseljahren unter massiven Beschwerden. Für sie kann eine bioidentische Hormontherapie der „Gamechanger“ sein: Sie reduziert belastende Hitzewallungen im Schnitt um 75 Prozent und kann auch viele andere Symptome lindern – etwa Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen. Nur: Die Hormontherapie ist nicht für jede Frau gleich gut geeignet. Ob sie für dich infrage kommt, hängt vor allem von zwei Faktoren ab: deinem Alter und eventuellen Vorerkrankungen. 

Das „goldene Fenster“ der Hormontherapie

Die meisten Ärztinnen und Ärzte sind sich heute einig, dass eine menopausale Hormontherapie spätestens innerhalb von zehn Jahren nach der letzten Menstruationsblutung und vor dem 60. Lebensjahr beginnen sollte. In diesem sogenannten „goldenen Zeitfenster“ ist der zu erwartende Nutzen am größten. Je später die Hormontherapie startet, desto größer ist das Risiko für Nebenwirkungen – insbesondere für Thrombosen und Herzerkrankungen.

Hormontherapie nach Brustkrebs

Für Frauen, die bereits eine Brustkrebserkrankung überstanden haben, kommt eine Hormontherapie in der Regel nicht infrage. Zwar belegen Studien nicht eindeutig, dass sie das Rückfallrisiko erhöht. Insbesondere für Hormonrezeptor-positive Tumore (deren Wachstum durch Östrogen und/ oder Progesteron gefördert wird), ist das jedoch sehr wahrscheinlich. Ähnlich sieht es bei anderen hormonabhängigen Tumoren wie zum Beispiel Eierstockkrebs aus. Eine absolute Kontraindikation gibt es laut der medizinischen Leitlinie aber nicht: Wenn die Wechseljahresbeschwerden die Lebensqualität stark einschränken und nichthormonelle Behandlungsalternativen versagt haben, kann der Arzt ihren Empfehlungen zufolge in Einzelfällen auch nach einer Brustkrebserkrankung eine Hormontherapie in Betracht ziehen.

Von einer niedrigdosierten lokalen Östrogenbehandlung der Scheide geht nach heutigem Wissensstand kein erhöhtes Rückfallrisiko aus. Sie gilt auch bei ehemaligen Brustkrebspatientinnen als sicher.

Problematische Vorerkrankungen

Frauen, die an einer fortgeschrittenen Leberfunktionsstörung mit erhöhten Leberenzymwerten leiden, sollten keine Hormontherapie bekommen. Auch bei Erkrankungen, die zu vermehrten Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe beitragen können, ist Vorsicht geboten. Dazu gehört zum Beispiel eine Herz- oder Nierenschwäche

Migräne mit Aura galt früher als Kontraindikation für eine Hormontherapie. Grund ist das erhöhte Risiko für Thrombosen und Schlaganfälle. Das wird aber nur durch orale Östrogene (also in Tabletten- oder Kapselform zum Einnehmen) gesteigert. Transdermales bioidentisches Östrogen (als Pflaster, Gel oder Spray für die Haut) kann unter Umständen eine Alternative sein. Bei manchen Frauen bessern sich dadurch nicht nur die Wechseljahresbeschwerden, sondern auch die Migräneattacken. Bei anderen können sie sich allerdings verschlimmern – egal, ob sie an Migräne mit oder ohne Aura leiden.

Auch bei Asthma kann eine Hormontherapie die Symptome verstärken – muss aber nicht. Sie sollte daher gut abgewogen und sorgfältig überwacht werden. Nicht ganz eindeutig ist die Studienlage, ob eine menopausale Hormontherapie das Asthmarisiko erhöht oder möglicherweise sogar senkt. 

Wegen des erhöhten Risikos für Thrombosen ist eine orale Hormontherapie für Frauen mit einer entsprechenden genetischen Veranlagung (zum Beispiel einer Faktor-V-Leiden-Mutation) nicht empfehlenswert. Eine transdermale Therapie kann trotzdem infrage kommen. Auch für Raucherinnen und stark Übergewichtige sind Pflaster, Gel und Co. aus demselben Grund vorteilhafter als Östrogene in Pillenform. Das Risiko für Gallenwegserkrankungen und -steine kann eine orale Hormontherapie ebenfalls erhöhen. 

Eine Blasenschwäche (Harninkontinenz) gehört zwar zu den typischen Symptomen des wechseljahresbedingten Hormonrückgangs. Trotzdem wirkt sich die Hormontherapie hier nicht positiv aus. Studien zufolge verschlechtern sich bereits bestehende Symptome bei bis zu 30 Prozent der Betroffenen. Das Risiko, dass eine Inkontinenz neu auftritt, verdreifacht sich. Eine lokale Behandlung der Scheide mit Östriolcreme oder -zäpfchen kann ungewollten Urinverlust dagegen nachweislich lindern – ebenso wie Beschwerden durch Scheidentrockenheit.

Genauso, wie es Umstände gibt, unter denen eine Hormontherapie nicht oder nur eingeschränkt geeignet ist, kann sie bei manchen Erkrankungen aber auch einen positiven Zusatznutzen haben. Mehr dazu im nächsten Beitrag.

Alternativen zur Hormontherapie findest du zum Beispiel im Beitrag „Pflanzenpräparate gegen Wechseljahresbeschwerden“ oder „Die neue Therapie ohne Hormone“.

3 Gedanken zu „Wann ist eine Hormontherapie mit Risiken verbunden?“

  1. Liebe Clara,
    herzlichen Dank für diese gesammelten Erkenntnisse. Ich habe noch eine Frage, die ich bisher nirgends beantwortet gefunden habe: Wie sollte es sich anfühlen, wenn eine (bioidentische) Hormontherapie beendet ist?
    Es ist immer vom „Ausschleichen“ die Rede… Das habe ich letztes Jahr unfreiwillig gemacht, als mir bei einem Auslandsaufenthalt die Pflaster ausgingen. Das Ergebnis war ein Desaster: Alle Beschwerden kehrten wieder zurück, plus ein Wiedereinsetzen einer monatlichen Blutung nach 11 Monaten Pause. – Frage: Kann sich der Körper im Verlauf der Jahre trotz Hormongabe auf ein (erträgliches) Leben mit einem niedrigeren Hormonspiegel umstellen? Oder bleiben immer Beschwerden, wie z. B. Schlafstörungen und Inkontinenz (man altert ja schließlich auch…), die man dann anders behandeln sollte? Könnte hier vielleicht jemand seine Erfahrungen teilen? Ich wäre sehr dankbar!

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    • Liebe Caro (?),
      ich kann diesbezüglich nicht mit Erfahrungen dienen, nur mit dem, was ich aus Studien weiß: Tatsächlich kommen die Beschwerden bei einem Teil der Frauen wieder. Das Ausschleichen hilft manchmal, aber auch nicht immer. Wiederum bei einem Teil der Frauen wird es im Laufe der Zeit dann wieder besser. Gerade Inkontinenz und Schlafstörungen haben aber oft nicht nur mit dem Hormonspiegel, sondern auch mit dem Alter zu tun. Du könntest mit deiner Frauenärztin zusammen versuchen, zunächst auf ein anderes Präparat umzustellen, bei dem man leichter die Dosis reduzieren kann, z. B. ein Östrogengel. Vielleicht hilft das. Ich wünsche dir alles Gute! Liebe Grüße, Clara

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      • Herzlichen Dank für Deine Infos und guten Wünsche, Clara! Das ist immerhin mehr als mein Frauenarzt zu dem Thema wusste: Er zuckte nur mit den Schultern…
        Alles Liebe, Caro

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