Nicht nur gegen Hitzewallungen: Was kann die Hormontherapie noch?

Klar: Die Hormontherapie ist nachweislich das wirksamste Mittel, um Hitzewallungen und andere Wechseljahresbeschwerden zu lindern. Abgesehen davon können bioidentische Hormone aber bei einigen Krankheiten einen Zusatznutzen haben: indem sie das Erkrankungsrisiko senken oder die Behandlung unterstützen.

Osteoporose

Die menopausale Hormontherapie verbessert die Knochengesundheit und reduziert die Gefahr von osteoporosebedingten Brüchen. Das belegen zahlreiche Studien. Zur Vorbeugung und Behandlung von Osteoporose empfiehlt sie die ärztliche Leitlinie allerdings nur für Frauen mit einem besonders hohen Erkrankungsrisiko – und auch nur dann, wenn sie zusätzlich unter Wechseljahresbeschwerden leiden oder medizinische Gründe gegen andere Osteoporosemedikamente sprechen. (Im Beitrag „Osteoporose – nein danke“ liest du, was du sonst noch gegen den Knochenschwund tun kannst.)

Darmkrebs

Auch das Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, sinkt durch eine Hormontherapie: in Studien durchschnittlich um ein Viertel. Für Frauen mit einem erhöhten familiären Risiko kann das – abgesehen von der Linderung von Hitzewallungen und Co. – ein Argument sein. Möglicherweise reduziert die Hormontherapie auch das Risiko für andere Tumorerkrankungen im Verdauungstrakt, beispielsweise Magen- oder Speiseröhrenkrebs. Hierfür gibt es aber bislang zu wenig Daten.

Stoffwechsel

Frauen, die eine Hormontherapie bekommen, erkranken seltener an Diabetes. In älteren Studien mit synthetischen Hormonen reduzierte sich das Risiko um rund ein Drittel. Auch für die bioidentische Hormontherapie mit transdermalem Östrogen (also als Pflaster, Gel oder Spray für die Haut) gilt ein positiver Effekt inzwischen als sicher – möglicherweise ist er jedoch etwas geringer. Bei Diabetikerinnen kann eine Hormontherapie die Blutzuckerwerte (Nüchternglukose, Insulin, HbA1c) verbessern. Studien zeigten diesen Effekt allerdings nur bei einer oralen Gabe – also in Tabletten- oder Kapselform zum Einnehmen. Bei transdermalen Präparaten fand sich dafür kein eindeutiger Beweis.

Auch bei erhöhten Cholesterinwerten scheint sich eine orale Therapie günstig auswirken: Sie führt zu einer relativen Erhöhung des „guten“, gefäßschonenden HDL-Cholesterins. Gleichzeitig erhöhen Östrogene zum Einnehmen aber das Thromboserisiko, was wiederum die Gefahr eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls steigert. Weil das Risiko dafür bei Frauen mit erhöhten Blutzucker- und LDL-Cholesterinwerten ohnehin größer ist, sind transdermale Präparate bei ihnen aber insgesamt vorteilhafter. 

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Hoffnung, dass eine Hormontherapie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern könnte, erfüllte sich bisher leider nicht: Keine der großen Studien belegt einen solchen Effekt. Allerdings gibt es Hinweise aus neueren Untersuchungen, dass die Wahrscheinlichkeit eines späteren Herzinfarkts sinkt, wenn die Therapie vor dem 60. Lebensjahr beziehungsweise innerhalb von zehn Jahren nach der Menopause beginnt. Das gilt insbesondere für transdermale bioidentische Hormone. 

Depressionen und Demenz

Bei Depressionen hilft eine Hormontherapie möglicherweise ebenfalls. Hierzu gibt es aber nur wenige Studien und kein eindeutiges Ergebnis. Nach Ansicht der Leitlinienautoren kann sie zur Behandlung von Depressionen und Stimmungsschwankungen in Betracht gezogen werden, wenn die Symptome um die Menopause herum auftreten. Eine kleinere Studie belegt darüber hinaus, dass eine zwölfmonatige bioidentische Hormontherapie depressiven Symptomen vorbeugen kann. (Hier findest du mehr Infos zu Depressionen in den Wechseljahren.)

Unklar ist bisher, ob und wie sich durch eine Hormontherapie das Demenzrisiko beeinflussen lässt: In manchen Studien sank es, in anderen stieg es. Auch hier scheint ein früher Beginn von Vorteil zu sein.

Vorzeitige Menopause

Den größten gesundheitlichen Nutzen durch eine Hormontherapie haben Frauen, die vorzeitig in die Wechseljahre kommen: Tritt die Menopause (die letzte Regelblutung) schon vor dem 40. Lebensjahr ein, ist das Risiko für Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch den langen Östrogenmangel sehr hoch. Die betroffenen Frauen sollten deshalb in jedem Fall eine Hormontherapie erhalten, rät die Menopause-Leitlinie – auch wenn sie nicht unter Hitzewallungen oder anderen Beschwerden leiden.

Für alle anderen gilt nach wie vor: Die einzige medizinische Indikation für eine Hormontherapie sind sogenannte vasomotorische Symptome in den Wechseljahren – sprich Hitzewallungen. Helfen kann sie auch bei anderen Beschwerden infolge der Hormonumstellungen. Um sie zur Vorbeugung von Alterserkrankungen zu einzusetzen, fehlt bislang eine solide wissenschaftliche Grundlage. Nichtsdestotrotz kann der potenzielle Zusatzeffekt unter bestimmten Umständen dazu führen, dass sich die Waage der Nutzen-Risiko-Abwägung zugunsten der Hormontherapie neigt.

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