Wechseljahresbeschwerden ganzheitlich behandeln

Saskia Straße von Ridder ist Heilpraktikerin und führt seit 2019 ihre eigene Praxis für Frauennaturheilkunde in München. Über ihre Erfahrung in der ganzheitlichen Behandlung von Wechseljahresbeschwerden hat sie zusammen mit der Journalistin Claudia Rieß ein Buch geschrieben: „Guide durch die Wechseljahre“. Im Interview verrät sie uns ihre besten Tipps.

Liebe Saskia, welche Heilmethoden setzt du in deiner Praxis ein?

Mein Schwerpunkt ist die Phytotherapie, also die Behandlung mit Heilkräutern. Ich beschäftige mich aber auch mit Ayurveda-Rezepturen und mit der Mikronährstofftherapie. In der Homöopathie setze gerne vor allem Komplexmittel ein. 

Letzte Nacht habe ich – wie viele Frauen in den Wechseljahren – mal wieder stundenlang kein Auge zugetan. Was rätst du deinen Patientinnen mit Schlafstörungen?

Das ist tatsächlich ein Riesenthema bei mir in der Praxis. Zunächst einmal spreche ich mit der Frau über Schlafhygiene. Aber darüber muss ich dir wahrscheinlich nichts erzählen, oder? (Lacht.) [Mehr zur richtigen Schlafhygiene findest du im Beitrag „Die besten Tipps gegen Schlafprobleme“] 

Außerdem bin ich ein großer Fan von Melatonin. Das wirkt am besten in Tropfenform über die Mundschleimhaut. Ich empfehle es vor allem Frauen, die tagsüber viel unter Strom stehen und deren Nebennieren stark gefordert sind. Sehr sensiblen Frauen, die nachts jedes kleine Geräusch mitbekommen, hilft oft auch Melissenextrakt sehr gut. 

Wenn man nachts häufig zwischen ein und drei Uhr aufwacht, kann das ein Hinweis auf eine überlastete Leber sein. Dann empfehle ich Bitterstoffe, die man abends nimmt, zum Beispiel Heidelberger Kräuter. Wird man regelmäßig am frühen Morgen wach, steckt oft eine depressive Verstimmung dahinter. Da ist Safran ein sehr interessantes Mittel. Inzwischen gibt es mehrere Studien, die auf seine stimmungsaufhellende Wirkung hinweisen. Für einen Abendtrunk übergießt man einfach drei Safranfäden mit heißem, aber nicht mehr kochendem Wasser und lässt den Tee fünf Minuten ziehen. 

Verwendest du Safran auch tagsüber bei Stimmungsschwankungen und Antriebslosigkeit?

Ja, auch da ist Safran ein ganz tolles Heilmittel. Wichtig für die antidepressive Wirkung ist aber eine gute Qualität. Die erkennst du daran, dass die Fäden im Wasser nicht allzu sehr verblassen.

Gute Erfahrungen mache ich bei Stimmungsschwankungen auch immer wieder mit der Silberlinde – insbesondere mit Produkten aus der Gemmotherapie, bei der nur die ganz jungen Triebe und Knospen verwendet werden. Sie wirkt in akuten Stresssituationen beruhigend und emotional ausgleichend. Den Gemmoextrakt gibt es als praktisches Spray, das man sich in den Mund sprühen kann, wenn man kurz vor dem Ausflippen ist.

In der Homöopathie ist Sepia oft das Mittel der Wahl, wenn Reizbarkeit im Vordergrund steht.

Bleiben wir bei den psychischen Symptomen. Hast du einen guten Tipp gegen den Gehirnnebel, der viele Frauen in den Wechseljahren quält?

(Lacht.) Oh ja, den kenne ich auch. Ich liebe Rosmarin-Tee! Der pusht und tut einfach gut. Während der Arbeit an meinem Buch habe ich Unmengen davon getrunken. Rosmarin enthält viele Substanzen, die belebend auf das vegetative Nervensystem wirken. Wer frischen Rosmarin im Garten hat, kann einfach einen Zweig hacken und mit heißem Wasser aufgießen. Mit getrockneten Kräutern funktioniert es aber ebenso gut.

Das werde ich auf jeden Fall ausprobieren. Und was empfiehlst du gegen Hitzewallungen?

Hitzewallungen sind ein klares Indiz, dass sich die Östrogene verabschieden. Deshalb verwende ich oft die klassischen Heilpflanzen mit einer östrogenisierenden Wirkung – vor allem die Traubensilberkerze und sibirischen Rhabarber. Erstaunlich gut hilft vielen Frauen auch ein homöopathisches Komplexmittel mit Holunder. Das hat einen ausgleichenden Einfluss auf die Wärmeregulation. Sehr gute Erfahrungen habe ich außerdem mit bioidentischen Hormonen in homöopathischer Potenzierung gemacht.

Auch Salbei hemmt die Schweißproduktion. Am besten trinkst du in den heißen Phasen täglich zwei Tassen abgekühlten Tee schluckweise abends und über den Tag verteilt. Den kann man auch zum Waschen nehmen, das wirkt sehr wohltuend und kühlend. 

In der Perimenopause leiden viele Frauen unter sturzflutartigen Blutungen. Ist dagegen auch ein Kraut gewachsen?

Ja, da kann zum Beispiel eine Teekur mit Hirtentäschelkraut, Schafgarbe, Frauenmantel und Blutwurz regulierend wirken. 

Wer über einen längeren Zeitraum immer wieder sehr heftige Blutungen hat, sollte aber unbedingt mit der Gynäkologin darüber sprechen. Die kann mit Ultraschall die Gebärmutterschleimhaut überprüfen und schauen, ob sich eventuell Myome gebildet haben. Außerdem sollte man ein Blutbild machen lassen, um zu prüfen, ob ein Eisenmangel vorliegt. Der kann ganz ähnliche Symptome verursachen wie der Hormonrückgang.

Ich empfehle, in den letzten Jahren vor der Menopause auf Tampons zu verzichten. Die trocknen die Vagina zu sehr aus. Besser sind Binden oder Menstruationstassen, mit denen man auch die Blutmenge besser bestimmen kann.

Apropos Scheidentrockenheit: Was kann man tun, wenn man keine Hormoncreme nehmen will oder darf?

Ich halte es für sehr wichtig, dass man spätestens mit Anfang 50 beginnt, jeden Abend seine Vulva und Vagina zu pflegen. Womit man sie eincremt, ist eigentlich fast egal. Zur täglichen vorbeugenden Pflege ist zum Beispiel reines Aloe-Vera-Gel sehr angenehm. Das eignet sich auch als Gleitmittel beim Sex. Wenn die Haut schon irritiert ist, wirkt Granatapfelsamenöl oder Nachtkerzenöl regenerierend. Es gibt auch Zäpfchen, zum Beispiel mit Rosenöl, die die Vaginalhaut sehr schön pflegen. Besonders nach dem Sex kann das vielleicht einer Infektion vorbeugen. 

Ein tolles Kraut für alle Schleimhäute ist Sanddorn. Das Öl ist aber stark färbend und versaut uns jede Unterhose. Besser ist es, Sanddorn in die Ernährung einzubauen, zum Beispiel als regelmäßige Saftkur.

Wo siehst du die Grenzen der naturheilkundlichen Behandlung? 

Bei einer ausgeprägten vulvovaginalen Atrophie, wenn also das Gewebe bereits stark ausgedünnt ist und schmerzt, kann es sinnvoll sein, die Schleimhaut hormonell zu unterstützen. Immer wieder sehe ich auch Frauen, bei denen ich eine bioidentische Hormontherapie über eine begrenzte Zeit erwägenswert finde – zum Beispiel, wenn man vor lauter Hitzewallungen keine Nacht mehr durchschlafen kann und extrem erschöpft ist. Erstmal würde ich aber versuchen, die Symptome mit naturheilkundlichen Mitteln zu regulieren. 

Ich halte nichts von Schwarz-Weiß-Denken. Ich kenne einige tolle Frauenärztinnen, die sich sehr gut mit der Hormontherapie auskennen und das nicht pauschal nach Schema F machen. Auch für die Blutdiagnostik, für Vorsorgeuntersuchungen, Ultraschall und Abstriche, bei Senkungsbeschwerden oder um zum Beispiel die Schilddrüsenfunktion zu prüfen, schicke ich meine Patientinnen natürlich zum Arzt.

Viele Schulmediziner stehen naturheilkundlichen Methoden skeptisch gegenüber, weil es nur selten einen wissenschaftlichen Nachweis für ihre Wirksamkeit gibt. Wie siehst du das?

Naturheilkunde ist Erfahrungsmedizin. Vieles basiert auf altem Hebammenwissen und Rezepturen aus der Klostermedizin. Für einige Phytotherapeutika ist die Studienlage auch schon sehr gut, zum Beispiel für die Traubensilberkerze. Die hilft sehr vielen Frauen – manchen aber eben auch nicht. Man muss für jede Frau das passende Kraut finden. Dafür muss man manchmal vieles ausprobieren und braucht etwas Durchhaltevermögen. Oft braucht es auch eine Kombination von verschiedenen Mitteln. 

Jede Frau ist anders, jede bringt andere Voraussetzungen mit. Wichtig ist mir die ganzheitliche Betrachtung: Die individuelle Lebenssituation und das Beschwerdebild kann man selten voneinander trennen. Ich habe den Eindruck, dass es vielen Frauen schon besser geht, wenn sie sich auf das Thema Wechseljahre einlassen, sich mehr um sich selbst kümmern und sich Gedanken machen, wohin es in ihrem Leben gehen soll.

Was für ein tolles Schlusswort! Vielen Dank, dass du uns an deiner Erfahrung teilhaben lässt, liebe Saskia.

4 Gedanken zu „Wechseljahresbeschwerden ganzheitlich behandeln“

  1. Liebe Clara,

    Du schreibst, Du kennst einige Frauenärzte, die sich mit der Hormontherapie sehr gut auskennen. Sind die auch in Hamburg angesiedelt? Ich habe den Eindruck, dass ich, seit ich 50 bin, ausschließlich als Wirtschaft-Objekt betrachtet werde. Mehrere Hormontherapien wurden an mir ausprobiert. Nichts hat geholfen. Der Versuch, über die pflanzliche Schiene hat genauso wenig gefruchtet, wie die schulmedizinische. Ob Pflaster oder Gel und Kapsel. Mein Körper hat darüber nur gelacht, statt dessen weiter geschwitzt und die Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme angestachelt. Ich ernähre mich sehr bewusst und treibe Sport, und trotzdem stelle ich keine positive Veränderung fest. Beim letzten Blutbild im vergangenen Jahr war meine Schilddrüse in Ordnung. Deshalb bin ich für jeden Hinweis dankbar, der mich aus diesem Tal wieder herausholt.

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    • Liebe Sabine, nein, in Hamburg kenne ich mich leider gar nicht aus ☹️. Du könntest aber mal in der wexxeljahre-Arztsuche nachschauen, da sind einige Ärtz:innen im Raum Hamburg drin. Ganz liebe Grüße und alles Gute! Clara

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  2. Liebe Clara, wie immer toll und helfend Deine Mails…bitte weiter so…habe eine Mail bekommen, die auf Englisch fragt, ob ich Dein Abo weiter haben möchte .Ist das richtig ??LG Nadine

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    • Liebe Nadine, das freut mich sehr, wenn dir mein Blog gefällt!
      Mails auf Englisch schreibe ich nicht, komische Sache. Am besten löschst du sie einfach. Danke für den Hinweis!
      Liebe Grüße, Clara

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